Kennen Sie das? Ihr Hund ist im Freilauf freundlich und verspielt, entwickelt sich aber bei der Begegnung mit anderen Hunden an der Leine zur Bestie? Woher kommt dieses eigentümliche Aggressionsverhalten und wie ist es wieder in den Griff zu kriegen?
Der Sinn von Aggressionsverhalten im Allgemeinen wird von der renommierten Ethologin Dr. Dorit Feddersen-Petersen als „Mittel zur Distanzvergrößerung“ beschrieben. Nun führen wir unsere Hunde aber an der Leine, und da ergibt sich auch schon die erste Schwierigkeit: In der Natur gibt es dieses lästige, einschränkende Ding einfach nicht. In unserer Gesellschaft klappt es aber leider nicht ohne, darauf müssen sich unsere Vierbeiner einstellen. Dafür müssen wir uns umso mehr in ihre Lage versetzen. Wo sich in der Natur aus dem Weg gegangen wird und dadurch Distanz vergrößert werden kann, führen wir unsere Hunde an engen Gehsteigen oft direkt aufeinander zu und lassen sie dann auch noch aneinander schnuppern. Fühlt sich einer dabei unwohl und kann nicht weg, bleibt oft nur mehr Angriff als beste Form der Verteidigung.
Manche von uns lassen ihre Hunde 3 x täglich 12 Mal um den Häuserblock markieren. Damit schlägt der Hund aus seiner Sicht 36 Schilder in den Boden, auf denen steht „Hier lebt Aaron, bitte respektiert das“. Kommt nun der kleine Jerry um die Ecke, dessen Herrchen ihn unwissentlich ins Fremdgebiet führt, kommt’s zum Eklat. Oft beginnt es aber auch mit dem Verhalten auf der Hundewiese. Wie selbstverständlich lässt Frauchen die kleine Maja zu jedem Hund laufen, um ihn zu begrüßen. Will Maja dies in der Innenstadt auch, wird sie durch ihre Leine behindert. Das erzeugt Frust, der sich bei ihr in heftigem Gekläffe äußert.
Wir sehen also, dass auch hier, wie so oft, die Ursache am anderen Ende der Leine liegt, auch wenn es erst einmal gar nicht so aussieht.
URSACHEN
Es gibt eigentlich nur eine Handvoll Gründe, die es zu erkennen gilt, wenn wir von Leinenaggression sprechen. Problematisch ist oft nur, dass es sich auch um eine Mischform handeln kann oder das Verhalten gar nicht mehr intrinsisch motiviert ist (also nicht mehr aufgrund der eigentlichen Sache gezeigt wird), sondern schlichtweg ritualisiert ist. Zum Beispiel wenn ein Hund das Aggressionsverhalten über lange Zeiträume hinweg ausleben kann. Da geht es dann nicht mehr darum, den Feind z. B. nicht im Territorium haben zu wollen, sondern um das Ausleben eines abgespeicherten Verhaltensmusters: 4 Beine und Fell – das muss verbellt werden!
Sehr viele Hunde zeigen Leinenaggression aus Angst oder Unsicherheit. Die Leine nimmt ihnen dabei die Möglichkeit, uneingeschränkte Kommunikation auszuleben, und so verteidigen sie sich lieber schon im Vorhinein. Andere haben an der Leine mit anderen Hunden eine negative Erfahrung gemacht und generalisieren diese Erfahrung auf sämtliche andere Vierbeiner oder eben nur jene, die dem damaligen Angreifer ähneln.
Mehr über dieses Verhalten in meinem nächsten Blogbeitrag
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