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  • AutorenbildReinhard Mumper

Antijagdtraining - Sinn oder Unsinn?

Stellen Sie sich, vor ich wäre nicht Hundetrainer, sondern Fahrlehrer; kämen Sie dann auch auf die Idee, mich zu fragen, ob ich ein Training zum Bedienen des Kupplungspedals anbieten würde?


Eine separate Ausbildung zur Beherrschung des Kupplungspedals ist für eine Fahrschülerin, die das sichere Fahren eines Fahrzeuges erlernen möchte, ebenso überflüssig wie ein Antijagdtraining für einen Hund, den man erzieht. Beides sind nämlich selbstverständlich erlernte bzw. beherrschte Nebeneffekte der eigentlichen Fahrschulausbildung bzw. Hundeerziehung.“


Ein seriöser Hundetrainer sollte wissen, dass das bei einem Antijagdtraining angestrebte Ziel – der Hund trifft nicht mehr selbst die Entscheidung, ob er einer potentiellen „Beute“ hinterherjagt –, eine von vielen Nebeneffekten der Erziehung sei; also ebenso ein Effekt wie das Unterlassen des Zerrens, das Unterlassen jeglicher Aggression, das Unterlassen des unerwünschten Kläffens et cetera, et cetera.


Abgesehen davon, dass ein separates Antijagdtraining für Hunde völlig überflüssig ist, wenn sie in den Genuss einer Erziehung gekommen sind, ist ein solches auch nicht unbedingt zielführend, wenn dabei – wie oftmals angeboten – mit Hilfsmitteln wie dem Reichen von Leckerli gearbeitet wird.


Denn das Unterdrücken des Jagdinstinktes sollte vorzugsweise das Ergebnis einer Erziehung sein und nicht das einer Ablenkung. Insbesondere beim Jagdinstinkt besteht nämlich, ähnlich wie bei einer Aggression, die Gefahr darin, dass ihr Unterdrücken mithilfe eines extrinsischen Motivators (Leckerli, Belohnung), niemals nachhaltig ist.


Zwar kann eine ausreichend hohe Belohnung temporär die Stärke des Jagdinstinktes überlagern und dadurch scheinbar zum Erfolg führen. Aber bei Nachlassen ihrer Wirkung bricht mit Sicherheit der Urinstinkt wieder durch.


Außerdem ist es doch für Hundehalter sehr anstrengend und belastend, laufend ein Leckerli bereit zuhalten, wenn man gemeinsam „auf Pirsch geht“. Und was wäre wohl, wenn später ein Hase auftaucht und der Griff in die Leckerli-Tasche ins Leere läuft, weil mehr Hasen als Leckerlis da waren?


Eine Weile mag die Konditionierung noch nachwirken, aber ob dies von Dauer sein wird, wage ich zu bezweifeln.


Oder es könnte durchaus passieren, dass Bello plötzlich und unerwartet ein Leckerli einfordert, nur weil am Horizont ein Langohr auftaucht.


Wesentlich effizienter zu erreichen, und vor allem nachhaltig effektiv, ist das Unterdrücken des Jagdinstinktes stattdessen im Rahmen der interspezifischen Sozialisation, indem Hunden der Entscheidungsspielraum genommen wird.


Bei einem erzogenen Hund wäre zwar der Jagdinstinkt dann nicht verschwunden, denn er ist ein natürlicher und kann nicht gelöscht werden, aber ein erzogener Hund würde gar nicht mehr auf die Idee kommen, einem Hasen hinterherzujagen, ohne zuvor die Erlaubnis des Halters eingeholt zu haben.


Denn seinem Instinkt ungefragt und unerlaubt nachzugehen, würde nicht mehr in seinem Entscheidungsspielraum liegen.


Ob und dass die Erziehung erfolgreich abgeschlossen ist, kann man auch daran erkennen, ob der Hund in allen Entscheidungssituationen den Blickkontakt zum Halter sucht . Denn das ist ein untrügliches Indiz dafür, dass die Regel des konfliktfreien sozialen Zusammenlebens mit den Haltern beherrscht wird, nämlich alle Entscheidungen ihnen zu überlassen und erst danach zu handeln. Das Übermitteln einer solchen Entscheidung während des Blickkontaktes kann in Form jeglicher Art von Gestik oder Mimik erfolgen.


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