Nicht selten wenden sich verzweifelte Hundehalterinnen, die bereits mehrere erfolglose Hundeschulbesuche hinter sich haben, an mich mit der Bitte, ihre Schützlinge doch nun endlich von ihrem unerwünschten Verhalten zu befreien.,
Dabei handelt es sich interessanterweise ausschließlich um Hunde mit einem sogenannten
Erziehungsproblem. Die Halterinnen beklagen also nicht etwa einen mangelnden Ausbildungserfolg,wie beispielsweise das Nichtbeherrschen von Sitz, Platz & Co. oder, dass es partout nicht klappen würde mit der Rolle rückwärts.
Nein, es geht vielmehr ausschließlich um störende Verhaltensweisen wie eine mangelhafte
Leinenführigkeit oder Aggressivität anderen Menschen und Artgenossen gegenüber, deren erbetene Beseitigungsversuche nicht von Erfolg gekrönt waren. Nicht selten sind auch schwerwiegendere Fälle wie Beißattacken oder Angriffe gegenüber Kindern zu beklagen, deren Ursachen nicht wirklich beseitigtwurden. Ebenso scheitern immer wieder Versuche, die Auslöser des nervenden Kläffens der Vierbeiner,wenn Frauchen sich anschickt fortzugehen, zu eliminieren.
Aber man beklagt auch, dass es keine wirklich erfolgreichen Lösungsansätze gegen die Angsteskapaden der Schützlinge gegeben habe, wenn diese irgendwelchen Schreck einflößenden Umwelteinflüssen ausgesetzt sind wie Silvesterlärm, Feuerwehrsirenen oder ähnlichen Nervensägen. Und nicht zu vergessen ist das Hinterherjagen und
Ankläffen von Kinderwagen, Fahrradfahrern, Joggern oder sonstigen sich bewegenden Vehikeln, das selbst nach mehreren Versuchen unterschiedlichster Methoden und Tricks nicht unterbunden werden konnte.
Ich will damit sagen, es geht diesen Hundehaltern keineswegs darum, im Ergebnis ihrer
Hundeschulbesuche nicht etwa die von ihnen erwünschten Ausbildungsziele nicht erreicht zu haben; im Gegenteil, diese sind in den Hundeschulen in der Regel sogar mit einer hohen Erfolgsrate belegt und werden meistens zur Zufriedenheit der zahlenden Kundschaft erledigt.
Zum besseren Verständnis schauen wir uns erst einmal den Unterschied an, der zwischen Ausbildung und Erziehung besteht. Weil erst dann auch verständlich wird, warum einige
Schulungsmethoden, die in der Ausbildung durchaus ihre Berechtigung und sich hier auch bestens bewährt haben, für die Erziehung des Hundes jedoch ungeeignet und somit zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sind.
Vergleichbar mit der Ausbildung und Erziehung von Kindern oder jungen Menschen.
Auch diese wird man mittels einer Ausbildung, und sei sie noch so gut, kaum gleichsam erziehen können.
Im Ergebnis einer Ausbildung sollen Hunde etwas können und bestenfalls beherrschen, was sie durch Üben – gegebenenfalls durch sehr häufiges und immer wiederholtes, um eine ausreichende Fertigkeit bis hin zur Perfektion zu erlangen – erlernen sollen, weil die dafür die notwendigen Instinkte und Motivationen fehlen; und was sie somit ohne dieses Üben nicht könnten oder nicht machen würden.
Dazu zählen das Beherrschen von Sitz, Platz & Co. ebenso wie das Aufspüren von Drogen oder das Suchen und Retten vermisster Personen; oder auch das Zeitung-Holen und das Leerräumen der Waschmaschine. Auch das Beherrschen des Laufens im Zick-Zack durch Frauchens Beine, wenn Sie es wünscht, gehört zur Ausbildung genauso wie das gewünschte zigfache Salto-Mortale-Machen zur Erheiterung von Menschen.
Anders ausgedrückt: Die Ausbildung bzw. deren Ergebnis betrifft all jenes, was Hunde tun können sollen, wofür sie aber ausschließlich extrinsisch (von außen, durch äußere Zwänge) motiviert werden müssen; also durch eine Motivation, die von außen kommt, ohne die sie es ansonsten nicht machen würden.
Demgegenüber ist Erziehung Inhalt und Ergebnis der Sozialisation, die einer von innen, aus eigenem Antrieb erfolgenden Motivation bedarf und auf drei Feldern stattfinden kann:
1.) Das störungsfreies Verhalten mit und gegenüber eigenen Artgenossen;
2.) Sich anständig zu benehmen anderen Wesen und unserer Fauna gegenüber einschließlich dem Menschen und
3.) Die umweltspezifische Sozialisation; so dass Hunde möglichen Umwelteinflüssen wie Lärm o.ä. gegenüber cool bleiben.
Nun sind die Übergänge zwischen Ausbildung und Erziehung sicherlich an manchen
Stellen fließend und nicht immer klar zu trennen. Jedoch deutlich wird der Unterschied zwischen beidem, wenn wir uns die jeweilige Motivation zum Handeln oder Verhalten anschauen; und deshalb Methoden der Ausbildung, wenn sie ausschließlich auf Konditionierung abzielen, für die Erziehung oftmals als ungeeignet entlarvt, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum angewendet mehr oder weniger zum scheinbaren Erfolg führen.
Die Sozialisation des Hundes ist nämlich nur dann nachhaltig erfolgreich, wenn sein gewünschtes Verhalten durch seine intrinsische Motivation initiiert und gesteuert wird; er sich also aus ureigenem Interesse so verhält wie er sich verhalten soll und nicht aufgrund äußerer Stimuli.
Immer wenn ausschließlich extrinsische, also von außen wirkende Motivatoren im Spiel sind, um ein bestimmtes Verhalten zu initiieren, sollte man von einer Konditionierung ausgehen und nicht von einer Erziehung im hier gemeinten Kontext. Mehr dazu im nächsten Blogbeitrag.
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